Reiseupdate: Westafrika

September 2024

Ghana– Alte Freunde und meine 6 Stunden Bergeaktion

Von Deutschland nach Südafrika
Aktuell 6 Monate unterwegs
14.000 km zurückgelegt

Über 9 Wochen lang war ich quer durch Ghana unterwegs und habe viele alte Freunde wieder getroffen und mich etwas vom Reisealltagsstress erholt. So eine lange Reise ist doch mehr als nur Urlaub und es gibt jeden Tag neue Herausforderungen zu bewältigen.

Meine alte Heimatstadt

Von der Hauptstadt Accra ging es nach Akim Oda, einer kleinen Stadt, in welcher ich bereits 2018/2019 ein Jahr lang gelebt und ein freiwilliges soziales Jahr an einer Grundschule geleistet hatte.

Seit meinem letzten Besuch 2020 hatte sich nicht viel verändert. Es war das pure afrikanische Treiben und Leben auf der Straße, außer dass die einzige Ampel in der gesamten Stadt wieder funktionierte, was das Verkehrschaos auch nicht wirklich besser machte.

Der Norden

Je weiter nördlich man in Ghana fährt, desto schlechter werden die Straßen. Grundsätzlich ist der Süden und Norden in Ghana komplett verschieden. Der Süden ist eher grün mit schönen Stränden und Regenwälder, wohingegen der Norden eher sandig und steinig ist.

Über die Städte Kumasi, Kintampo und Wa fuhr ich langsam in mehrere Tage immer weiter Richtung Norden. Auf dem Weg besuchte ich einige alte Freunde und konnte wieder richtig in das einfache afrikanische Leben eintauchen.

Mein Ziel war die Stadt Bolgatanga, kurz vor der Grenze zu Burkina Faso. Dort gibt es eine Organisation, Nongre Craft and Culture Foundation Bolgatanga, die ich bereits seit über 5 Jahren unterstütze und in den letzten Jahren immer wieder besucht habe.

Gemeinsam mit den Kindern erstellten wir neue Fotos und drehten ein kurzes Video, um in der Zukunft mehr Aufmerksamkeit und Spenden für die Organisation zu erhalten. Die Spenden ermöglichen den Kindern eine gute Schulbildung und zusätzlich wird das Kulturzentrum für traditionelle Musik und Tänze gefördert.
Facebook-Profil von Nongre für mehr Infos
Die Organisation freut sich über jede Unterstützung!

Bergeaktion

An meinem letzten Tag im Norden wollte ich mit meinem ghanaischen Freund eine kleine Wanderung bei den Togo Hills machen. Diese verlief allerdings nicht ganz wie geplant und endete in einer 6 Stunden langen Bergungsaktion meines Autos. Kurz vor dem Fuße des Berges brach plötzlich der Boden unter den Reifen weg. Als ich ausstieg, war bereits der Hinterreifen über die Hälfte im Matsch versunken. Mit Hilfe meiner Bergeboards und etwas Schaufeln konnte ich das Auto zum Glück nach einiger Zeit wieder befreien. Dies hielt aber nur für wenige Augenblicke an… Ich steckte wieder fest. Da die Afrikaner immer sehr Hilfsbereit sind, war inzwischen auch ein Bauer aus dem angrenzenden Dorf auf uns aufmerksam geworden und unterstütze uns tatkräftig bei unserer Bergungsaktion in der heißen Mittagssonne. Gemeinsam versuchten wir mit Ästen und Zweigen, zusätzlich zu meinen Bergeboards, einen stabilen Untergrund für das Auto zu schaffen. Aber als sich das Auto nun nach dem 4. Mal Steckenbleiben nach nur 5 Metern nicht mehr bewegte, war für mich klar, ohne Hilfe eines anderen Fahrzeuges komme ich hier nicht mehr raus.

Inzwischen waren wir schon fast 3 Stunden beschäftigt und hatten auch einige Schaulustige und Helfer dazugewonnen. Die Schwierigkeit war es jetzt, den Einheimischen meinen Plan verständlich zu erklären, da nicht jeder Englisch verstand und die meisten einfach keine Ahnung hatten. Sie wollten es immer nochmal versuchen, schieben und nochmal versuchen. Aber das alles hätte es nur schlimmer gemacht, da das Auto vorne schon fast Bodenkontakt mit dem Unterboden hatte und der rechte Vorderreifen bereits frei durchdrehte. Ich musste gegen 20 Mann verbal richtig ankämpfen und meinen Standpunkt immer wieder durchsetzen. Die ersten zwei „Bergungsfahrzeuge“ waren nicht wirklich optimal. Eine Opel Familienkutsche mit Frontantrieb, welche beim Bergeversuch selber sofort steckengeblieben wäre und ein Baustellen-LKW, welcher auf dem Weg dorthin selber bereits 3 Mal feststeckte.

Kurz vor Sonnenuntergang schafften wir es endlich, einen Traktor aus einem naheliegenden Dorf zu organisieren. Nach kurzer Einweisung konnte dieser dann mein Auto ohne Probleme in wenigen Minuten aus dem Matsch herausziehen. Erst jetzt spürte ich die Anstrengung und wie fertig mich der ganze Tag gemacht hatte. Sonne, Hitze, wenig Essen, ankämpfen gegen die anderen Ratschläge und Meinungen, Schaufeln, Anspannung, Verzweiflung…

Am nächsten Morgen war erstmal eine gründliche Autowäsche und eine Begutachtung möglicher Schäden nötig. Zum Glück hatte mein treuer Reisebegleiter das alles ohne Schaden überstanden.

Die kaputte Fähre

Nach einem herzlichen Abschied machte ich mich wieder auf den Weg in den Süden. Über Tamale, ging es zu den Kwahu Bergen. Hier verbrachte ich 2 kühle Tage im Nebel auf einem Berg. Mein nächstes Ziel war der Volta Stausee, welchen ich an 2 Stellen mit der Fähre überqueren wollte. Die erste Fähre fährt mehrmals täglich ca. 30 Minuten zum anderen Ufer. Einen richtigen Fahrplan gibt es hier nicht. Sie fährt nur wenn genügend Autos da sind und die Fähre voll ist. Bei meiner Ankunft hatte ich diese wohl gerade um ein paar Minuten verpasst. Ich war das erste Auto in der Schlange und so musste ich über 2 Stunden auf der Straße warten. Endlich auf der anderen Seite angekommen, erwarteten mich 100 Kilometer sehr schlechte Straße bis zur 2. Fähre. Diese fährt allerdings nur 1 mal täglich, weshalb ich die Nacht direkt an der Straße im Busch verbrachte, um am nächsten Morgen pünktlich bei der Fähre zu sein. Als ich am „Hafen“ ankam, teilte mir der Kapitän mit, dass die Fähre heute morgen kaputt gegangen ist und heute nicht fährt. Na toll… und was jetzt? Ich hatte nur zwei Optionen: warten oder die einzige schlechte Straße 100 Kilometer (entspricht 5 Stunden Rumpelfahrt) wieder zurück zur ersten Fähre zu fahren. Als die Fähre nach 2 Tagen immer noch nicht einsatzbereit war, entschloss ich mich, die schlechte Strecke wieder zurückzufahren.

Service

Zurück in Accra. Als nächstes stand ein Ölwechsel, eine Reinigung und ein Checkup meines Autos für die Weiterfahrt an.

Das passende Öl für meinen BMW habe ich über meinen neuen Partner Liqui Moly schnell gefunden und bei einem Importeuer in Accra unkompliziert abholen können. Ich besorgte mir direkt auch noch einige Dieseladditive, da die Dieselqualität in den folgenden Ländern meiner Reise wohl sehr schlecht sein soll. Grundsätzlich kann man in Ghana (wie auch den meisten anderen afrikanischen Ländern) kaum etwas selber machen, nicht selber tanken, das Auto nicht selber waschen, nicht selber einen Service durchführen… Nach etwas suchen fand ich dann aber doch noch eine Tankstelle mit einer Grube, wo ich meinen Öl-Service selber durchführen konnte.

In den nächsten Tagen säuberte ich meine gesamte Ausrüstung und brachte den Innenraum (mein Haus auf Rädern) wieder in einen bewohnbaren Zustand. Zusätzlich reinigte ich Luftfilter, Innenraumfilter und die Kurbelgehäuseentlüftung des Motors.

Als das endlich alles geschafft war, habe ich meinen weiteren Reiseplan finalisiert und tauschte mich mit anderen Reisenden aus, um bestmöglich vorbereitet zu sein.

Das Abenteuer geht weiter!

Zwischenfazit

Ich bin nun schon fast 6 Monate unterwegs und habe einiges erlebt.

Größtenteils verlief die Reise wie geplant und so wie ich mir das vorgestellt hatte.

Allerdings ist reisen in Afrika nicht so einfach – und mit dem Auto sicherlich nicht stressfrei. Vor allem in großen Städten ist der Verkehr sehr chaotisch und generell größtenteils lebensgefährlich. Die Hauptstraßen sind meistens in akzeptablem Zustand und mit jedem Auto befahrbar. Zwischendurch gibt es allerging einige anspruchsvolle Schlüsselstellen, welche Fahrkönnen und ein geländegängiges Auto erfordern (Bodenfreiheit kann man nie genug haben).

Auf der gesamten Reise hatte ich bis jetzt noch keine einzige gefährliche Situation, wurde noch nie bedroht oder habe mich nie wirklich unsicher gefühlt. Der Alltag mit den Afrikanern ist oft etwas anstrengend, da ständig viele Menschen auf einen zukommen, sei es um einfach nur zu reden weil sie neugierig sind, nach Geld zu fragen oder um etwas zu verkaufen.

Dass in Afrika Dinge etwas anders laufen ist ja nicht neu. Manche Dinge sind angenehm und machen das Leben einfacher – andere lassen einen oft einfach nur verzweifeln.
Zwei Beispiele: Man kann meistens überall und zu jeder Zeit auf der Straße etwas zu essen kaufen, ohne extra weit zu laufen. Meistens befindet sich der nächste kleine Shop mit den Basics direkt um die Ecke. Auch sonst kann man fast alles auf der Straße oder sogar bequem aus dem Auto heraus kaufen. Andererseits ist die Pünktlichkeit und Verlässlichkeit oft ein großes Problem. Hier wird das mit der Zeit nicht so genau genommen. 9 Uhr kann auch gerne mal 11 oder 12 Uhr sein. „In einem Tag“ kann auch 2-3 Tage sein. „Gleich“ kann bis zu 3 Stunden sein… Das ist vor allem bei wichtigen Erledigungen nervig, da man oft nicht die richtigen Infos erhält oder ewig warten muss. Mit der richtigen Einstellung und etwas Anpassung kann man aber alles meistern.

Mein Aufenthalt in Ghana war echt traumhaft schön und ich werde auch definitiv wieder kommen! Nächstes mal dann aber doch wieder entspannt mit dem Flugzeug. Jetzt geht es erstmal weiter Richtung Süden.

Aktuell befinde ich mich schon in Kamerun und berichte in meinem nächsten Reiseupdate von meiner spannenden und anspruchsvollen Nigeria-Durchquerung.



Schreibe einen Kommentar